Poesie wird sichtbar

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Zu sehen waren dort von Friedrich dem Großen verfasste Verse – im französischen Original und in deutscher Übersetzung. Viele dieser selbstironischen und provokativen Verse sind noch weitgehend unbekannt. Sie bringen die literarisch-poetische Seite des Königs zum Klingen und laden zum unmittelbaren Dialog mit dem preußischen König und dem von ihm propagierten Gedankengut der Aufklärung ein. Mit der Wort-Licht-Installation „Lumières – die Poesie Friedrichs des Großen. Dichtung und Aufklärung“ sollte dem Berliner Publikum im Jubiläumsjahr 2012 Gelegenheit gegeben werden, im Herzen der Stadt in einen öffentlichen Dialog mit dem König einzutreten.

Das Projekt ist eine ungewöhnliche Zusammenarbeit einer Literaturwissenschaftlerin, eines Historikers und einer Lichtplanerin. Insgesamt ein Jahr an Vorbereitung wurde in die Laser-Schriftprojektion investiert. Die Geisteswissenschaftler wollten ihre Forschungsarbeit öffentlich sichtbar machen, denn Friedrich vertraute sich mit seinen Versen ganz bewusst der Nachwelt an: „Eines Tages“, hoffte der König „zeigen meine Verse, wenn sie die dunkle Nacht der Zeiten durchdringen können, wer ihr Autor wirklich war.“

Die Projektbeteiligten wollten Friedrichs Anliegen entsprechen, indem seine pointiertesten Verse, die der Philosophie der Aufklärung verpflichtet sind, am Reiterdenkmal Unter den Linden zum Leuchten gebracht wurden – in den dunklen Stunden des Tages. Es ist ein Ort, der die vielfach gebrochene Erinnerungskultur symbolhaft repräsentiert, die sich in den vergangenen Jahrhunderten in nicht immer unproblematischer Weise dem Vermächtnis Preußens und Friedrichs widmete. Vom Bildhauer Christian Daniel Rauch im Auftrag des Königs Friedrich Wilhelm III. geschaffen, wurde das Standbild 1851 im Gestus mythischer Erhabenheit feierlich enthüllt; in der Mitte des 20. Jahrhunderts erhielt der eherne Reiter zum Schutz vor Luftangriffen eine ummauerte Hülle; zwischen 1950 und 1980 wurde der König dann auf Geheiß der politischen Führung der DDR abgeräumt und aus Berlin verbannt – um noch vor dem Ende der DDR wieder ganz in der Nähe des Originalstandortes aufgestellt zu werden.

Ein Jahrzehnt nach der Wiedervereinigung wurde das Denkmal dann gründlich restauriert. Das Projektkonzept sah vor, nicht nur das Reiterstandbild durch eine geschickte Beleuchtung gleichsam aus der Starre des Winterfrostes zum Leben zu erwecken, sondern auch eine Auswahl der beziehungsreichsten Verse aus Friedrichs Gedichten in täglich wechselnder Folge auf die gegenüberliegenden Fassaden der Humboldt-Universität zu projizieren. Die Umgebung ist für diese Projekt ideal gewesen, denn hier ließen sich sowohl die Bronzefigur als auch die Verse gemeinsam inszenieren.

Sätze wie „Das erste aller Vergnügen ist, sich zu belehren“, „Urteilen wir über die Zukunft durch die Vergangenheit“ oder „Blüht, zauberhafte Künste!“ sollen uns eine Weile gedanklich begleiten und hie und da provozieren. Sie erscheinen im französischen Original – denn Friedrich dichtete durchgehend auf Französisch – und in deutscher Übersetzung.

Kardorff Ingenieure Lichtplanung hat in der Umsetzung vier Hochleistungslaser mit Diodentechnologie (Hochleistungs-OPSL Gelb-Modul der Firma Lasertec) eingesetzt. Die Laser haben eine Ausgangsleistung von 5 W, und eine Anschlussleistung von 400 W, die allerdings hauptsächlich zum Kühlen benötigt wird. 800 – 1400 Punkte pro Satz werden angefahren, mit bis zu 60.000 Punkten pro Sekunde. Das Reiterstandbild wurde wie eine museale Skulptur aus drei Richtungen temporär beleuchtet. Die tägliche Beleuchtung wurde durch gezielt gesetzte Strahler ersetzt, die von Selux bereitgestellt wurden. Verwendet wurden Strahler mit sehr enger Lichtverteilung und 70 Watt Halogenmetalldampflampen. Als Lichtfarbe hat sich 4.000 K als am besten geeignet für die Bronzeoberfläche des Reiterstandbilds herausgestellt.

Nach über einem Jahr der Vorbereitung fand die Installation Ende Januar sechs Tage lang mit viel Presse und begeisterten Passanten und Besuchern, die fotografierten und diskutierten, statt.

Fotos: Linus Lintner
Lichtkonzept und künstlerische Leitung:
Gabriele von Kardorff, Kardorff Ingenieure Lichtplanung GmbH, Berlin

Projektleitung
Dr. Jürgen Overhoff, Berlin/Münster
Dr. Vanessa de Senarclens, Berlin
(als Geschäftsführer der GbR Berlumières 300)


Beratend mitwirkende Künstler
Prof. Serge von Arx, Berlin/Oslo,
Sheila Hayman, London



Sponsoren/Unterstützer
GDF SUEZ Energie Deutschland AG
GASAG
Deutsche Bank AG
Semperlux AG
Der Verleger Michael Klett
Firma Rentschler Biotechnologie GmbH
Humboldt-Universität zu Berlin
Kardorff Ingenieure, Berlin - www.kardorff.de
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